Freudsames: Baukasten für Missverständnisse
Wir wissen nur, was wir wissen –Wir wissen nicht, was wir nicht wissen!

Ich zitiere hier aus meiner Erinnerung, Quelle ist mir unbekannt; vermutlich hat sich der Satz aus dem berühmten Zitat von Goethe „Man sieht nur, was man weiß.“ entwickelt. Aber Goethe wurde ja schon immer gerne als Ausgangsbasis für weitere Eigenkreationen von Aphorismen genutzt. Sie kennen vielleicht den Satz von Goethe: „Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun.“
Erfrischt variiert lesen wir dann: „Es reicht nicht, keine Ahnung zu haben – man muß auch unwillig sein, etwas zu tun!“
Wie dem auch sei – wenn wir mit Wissen und Nichtwissen bewusst spielen wollen, lohnt es sich, doch zuerst was kennen zu lernen: Die (mindestens) 4 Seiten einer Nachricht!
Nach Friedemann Schulz von Thun ist dies ein beliebtes Modell aus dem Bereich der Kommunikationspsychologie.
Wer eine Nachricht sendet, sagt immer etwas über:
1.) Sachinhalt,
2.) sich selbst,
3.) seine Beziehung zum Gegenüber und
4.) seine Erwartung ans Gegenüber (Appell).
Wobei – wie immer bei Menschen – der Großteil nonverbal (Gestik, Mimik, Tonfall…) gesendet wird und zudem (leider) überwiegend unbewusst vom Sender. Jede Menge Gelegenheit für erquickliche Missverständnisse!
Ein aktuelles Beispiel gefällig? Frau sagt zum Mann: „Es schneit kräftig draußen!“
Was sagt sie ihm damit alles?
1.) dass viel Schnee fällt, 2.) dass ihr das echt lästig ist, 3.) dass er das wissen sollte als aufmerksamer Mann und 4.) dass er Auto und Weg freischaufeln soll.
So könnte es sein – oder ganz anders. Wissen wir nicht. Aber wer jetzt grinsen mußte, hat sowas so ähnlich schon mal erlebt oder gehört. Und so oder ähnlich gedacht.
Wenn nun also der eine schon nicht klar hat, was er eigentlich sagen möchte und auf welchen Kanälen er auf jeden Fall sendet – so hat freilich auch das Gegenüber reichlich Gelegenheit, nicht zu bemerken, mit welchem seiner 4 Ohren er besonders fein hört und wo er eher taub ist. Denn jeder Mensch hat demgemäß:
1.) Sachinhaltsohr,
2.) Offenbarungsohr,
3.) Beziehungsohr und
4.) Appellohr.
Was hört also der Mann? „Du bist schon wieder total unaufmerksam! Ich muß eh das meiste machen und du kriegst es nicht mit. Zumindest die Arbeit draußen in der Kälte könntest du machen, rundums Haus und beim Auto! Aber jetzt sofort! (eh schon spät)“
Was haben wir vergessen hier? Sie als aufmerksamer Leser merken es: „es schneit kräftig“ (eigentlich hat sie ja auch nur das gesagt).
Wir können also reichlich Missverständnisse bauen, bei 4 Möglichkeiten auf Senderseite und 4 auf Empfängerseite haben wir 4×4, also 16 großartige Gelegenheiten!
Das Beste daran: überwiegend bleiben diese beiden Gesprächspartnern unbewusst, somit kann jeder eine weiße Weste vor sich selbst beanspruchen und dem anderen den schwarzen Peter unterschieben. Machen Sie das mal ein paar Jahre, dann hat Ihr Therapeut reichlich Stoff für seine Arbeit (Kosten trägt Ihr Partner, darüber kann man auch streiten). 🙂
Kennen Sie zufällig Loriots „Frühstücksei“?
https://www.youtube.com/watch?v=EOQQWmh4MSQ